
Bach: »Cello Suiten«
Bachfest, Blauer Salon, Leipzig
20.06.2025 – Fragen über Fragen umranken die sechs Suiten für Cello solo von Johann Sebastian Bach. Aus seiner Zeit sind nur vier Abschriften erhalten, die teils erheblich voneinander abweichen. Unklar bleibt, wann genau und für wen dieses Gipfelwerk der Cello-Literatur eigentlich geschrieben wurde und für welches Instrument (der Begriff Cello bedeutete im Mitteldeutschland des frühen 18. Jahrhunderts alles Mögliche). Das bietet immensen Freiraum für Interpreten: Um die 200 Aufnahmen gibt es heute und sie könnten kaum unterschiedlicher klingen.
Höchste Zeit also, dass (im Bild v.l.n.r.) Susann El Kassar, Eleonore Büning, Albrecht Thiemann (Moderation) und Bachfest-Intendant Michael Maul (als Gast) am 17. Juni im Rahmen des Bachfestes Leipzig über exemplarische Deutungen der Suiten diskutierten.
In der Tat: Zwischen Pau Casals, dem Pionier, und Jean Guihen Queyras, der den Zyklus am gleichen Abend in der Thomaskirche spielte, liegen Welten. Ebenso zwischen dem knorrig-geradlinigen Schultercello-Sound eines Sigiswald Kuijken und der manieristischen Exzentrik einer Sonia Wieder-Atherton. Welche Bach-Wunder die völlig zu Unrecht im Schatten ihrer männlichen Kollegen stehende kanadische Solistin Zara Nelsova schon in den 1950er-Jahren wirkte, war nicht nur für das Publikum im voll besetzten Saal des Blauen Salons am Markt eine Offenbarung.