Musikkritik heute - Das »Quartett der Kritiker«

Musiker und Kritiker sind keine natürlichen Feinde, auch wenn das karikaturenhalber oft behauptet worden ist. Es gab sogar Zeiten, da stritten sie miteinander über neue Werke und spielten anschließend, wie Eduard Hanslick und Johannes Brahms, friedlich vierhändig miteinander Klavier. Seither hat sich viel verändert, für den Künstler ebenso wie für den Kritiker.

Heutzutage umwerben die Musiker ihre Fans aktiv auf Twitter und Instagram und die Kritiker ihrerseits streuen ihnen dazu bunte Tipps, Porträts, Rankings, Playlists und Empfehlungblumensträuße auf alle Netz- und Printwege. Fast wöchentlich werden neue Online-Magazine, Webradios oder Blogs gegründet. Eine kritische Auseinandersetzung findet dabei nur noch ausnahmsweise statt.

Aber was erwartet das Publikum von der Musikkritik? Was der Musikbetrieb? Welche neuen Formen muss die Musikkritik entwickeln, welche alten Gewohnheiten über Bord werfen? Vor dem Hintergrund dieser Fragen wächst einer Institution wie der vierteljährlichen Bestenliste des PdSK e.V. ganz neue Bedeutung zu.

Seit 2010 treten deshalb die Kritiker-Juroren des Vereins auch öffentlich auf. Sie setzen sich zu dritt oder viert zusammen, als Terzett oder als Quartett, um live vor Publikum über ein Werk zu diskutieren und verschiedene Interpretationen in Platteneinspielungen zu vergleichen. Das »Quartett der Kritiker« wird, je nachdem, um welches Werk und welches Genre es geht, immer neu und anders zusammengesetzt. Die Juroren der Pop- und Rockmusik-Jurys diskutieren über Neuerscheinungen oder aktuelle Themen. Die Fach-Juroren aus der Klassik diskutieren meist über unterschiedliche Interpretationen eines Musikstücks, das gerade im Fokus des jeweiligen Festivalprogramms steht, und führen ausschnittsweise ältere Referenzeinspielungen dazu vor, im Vergleich.

Dieses »Quartett der Kritiker« ist eine Marke geworden, es wird eingeladen von Musikfestivals quer durch Deutschland, von der Ostseeküste bis nach Süddeutschland. Von 2011 bis 2015 war das Quartett der Kritiker regelmäßig zu Gast im Deutschlandfunk Kultur. Bis jetzt hat dieses neue Talkshowformat bereits 97-mal getagt, in 35 Städten.

Im Jahr 2020 waren zehn Kritikerrunden geplant, unter anderem in Berlin, Essen, Leipzig und Frankfurt am Main, die bedingt durch die Coronakrise, ausnahmslos alle abgesagt werden mussten.

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